Die Tradition

Trotz der tiefen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwälzungen in den letzten Jahrzehnten blieb die Tradition der Krippen in Tesero erhalten. Im Unterschied zu den übrigen Fleimstaler Orten und der Provinz Trient  waren die Krippen schon immer typisch für Tesero.

Oft besteht heute noch der Brauch, zu Weihnachten eine Krippe mit der Geburt Jesu Christi aufzustellen. Seit einigen  Jahrzehnten wird im Ortszentrum ein große Krippe errichtet, die in der Komposition und in den Figuren die eigentlichen Charakteristiken der heimischen Tradition  wiedergibt und hervorhebt. Sie wird auch als das bedeutendste gemeinsame Zeichen der weihnachtlichen Feierlichkeiten empfunden.

Althergebrachte Tradition

Der Brauch, in den Wohnhäusern von Tesero eine Krippe aufzustellen, führt  wahrscheinlich auf das Ende des 18. Jhd. oder in die Anfänge des 19. Jhd. zurück. Man verfügt über keine konkreten Elemente, die weiter in die Vergangenheit zurückführen könnten. Es ist daher schwierig, eine annähernd präzise Zeit, welche die Verbreitung förderte, festzustellen.

In dieser Zeit begann in den verschiedenen italienischen Regionen und besonders in den Gebieten Tirols, die Krippe in den Häusern der Bewohner Einzug zu halten. Vorher fand man sie nur in den Kirchen, Klöstern und Adelshäusern.

Die Verehrung Marias in freudiger Erwartung und die Geburt wurden tief empfunden, schon viel früher als es die Bevölkerung tat. Sie fanden Ausdruck in der Mal- und bildnerischen Kunst und vielleicht auch schon in der Holzschnitzerei. Denkt man nur an die Fresken der Maria mit dem Kinde aus dem 16. Jahrhundert, die verschiedene Häuserfassaden in Tesero sowie Kirchenwände schmücken.

In der Absis der Kirche San Leonardo sind vier Freskenbilder aus dem 17. Jahrhundert  zu sehen, die sicher Anregung gaben und Quelle der Inspiration für die Weihnachtskrippen waren. Hier findet man die Szene der Geburt Jesu Christi, Jesus beim Tempel, die Verehrung der Heiligen Drei Könige und die Flucht nach ägypten.

Besonders interessant sind auch zwei Keramikkachlen mit den Motiven der Krippe und der Verehrung der Heiligen Drei Könige, die von einem Kachelofen aus dem Jahr 1624 stammen, den man vor einiger Zeit gefunden hat.

Die Gestaltung der traditionellen Krippe

Die interessantesten und repräsentativsten Krippen von Tesero waren vor allem die mit den bemalten Holzstatuen, die in den Jahrzehnten um 1900 gebaut wurden. Die Figuren waren zahlreich und ähnelten sich. Neben einigen Ausnahmen zeigten sie deutlich eine Volkskunst, die meist das Umfeld des Herstellers widerspiegelten.

Die noch alten Krippen und gesammelten Zeugnisse zeigen eine einfache Darstellung, inspiriert von der heimischen Umgebung mit ihren Weiden und Bergen. Als Material wurden Moos, Baumrinde und Holzplatten, die bemalt wurden, verwendet. Oft fügte man fremdartige Elemente ein, wie Burgen, orientalische Siedlungen mit Palmen, die auf weit zurückliegende Zeiten verwiesen und irgendwie Palästina in Erinnerung riefen.

Die Hütte mit der Geburt wurde immer in eine zentrale Position gestellt, denn es war das Hauptwerk und sollte sofort die Aufmerksamkeit anziehen.

In der Hütte oder an der Schwelle wurde die Futterkrippe mit dem Jesuskind gestellt, umgeben von den Statuen der Heiligen Maria, Josef, dem Ochsen und Esel. über dem Eingang wurde ein Engel mit einer Schriftrolle angebracht, die die Aufschrift "Gloria in excelsis Deo" trug.

Meistens waren die Krippen groß angelegt, jedoch die Krippenszenen nicht überfüllt. Sie boten eine ruhige entspannte Atmosphäre. Es gab nur wenige, die besonders reich mit Statuen geschmückt waren. Neben der Darstellung der Geburt Christi, zählten die meisten Krippen nicht mehr als zehn Hirten und etwa zwanzig Schafe. Nicht immer beinhalteten sie die Gruppe der Heiligen Drei Könige.

Die Farbe fehlte jedoch nie, die hauptsächlich den Nebenfiguren gegeben wurde. Hier ließ der Schöpfer seiner Phantasie und Kreativität freien Lauf, manchmal auch zu frei.

Die knieenden Hirten in Verehrung vor der Hütte waren gefolgt von den stehenden mit dem Lamm auf der Schulter oder unter dem Arm. Andere zogen ungehorsame Schafe und Ziegen hinterher; weitere standen mit der Hand auf der Stirn, gedankenvoll in die Ferne blickend. Es gab Spieler, Schlafende, Hirten, die sich auf dem Stock stützten, mit einem Hund an der Seite, der auf die Schafherde aufpasste. Weiters Alte mit langem Bart und Junge noch bartlose. Einige waren mit Fellen bekleidet, andere hatten eine eng taillierte Tunika und Schuhe an. Nicht selten wurden sie wie die tatsächlichen Hirten von Tesero gekleidet.

Weibliche Figuren und Kinder wurden fast nie dargestellt. Die Drei Könige, einer davon dunkelhäutig, trugen prunkvolle Gewänder und waren in Position der Anbetung Jesu mit der Darbringung des Goldes, Weihrauchs und der Myrrhe. Dahinter ein kleines buntes Gefolge von Dienern, die einen Elefanten führten oder begleiteten, ein Kamel und ein reich aufgeputztes Pferd.

Neben den traditionellen Figuren wurden in einigen Krippen etwas abseits, auch hässliche, groteske Figuren gestellt.

Der "Ammazzfanciulli" (Kindertöter), der an den biblischen Kindermord von Bethlehem erinnert, oder der Wolf beim Zerfleischen eines Schafes, oder ein anderes wildes Tier im Angriff. Sogar die legendäre Figur des "Chegadenàr", der die glänzenden Goldmünzen brachte, wurde dargestellt. Ihn wünschte sich in Zeiten der weitverbreiteten Armut jeder als Verwandten oder Freund.

Einige Krippenbauer beschränkten sich nicht nur auf die Darstellung der Geburt Jesu Christi, sondern zeigten auch die freudenhaften Mysterien des Rosenkranzes  und die bedeutendsten Momente der Kindheit Jesu Christi. So die Ankündigung von  Marias Besuch bei ihrer Cousine Elisabeth, Jesus beim Tempel, Jesus zwischen den Rechtsanwälten, der biblische Kindermord von Bethlehem und die Flucht nach ägypten.

In der Realisierung ihrer Werke waren sie nicht so sehr auf den künstlerischen Wert oder ihre eigenen Zwecke bedacht, sondern  sie wollten vielmehr dieses außergewöhnliche Ereignis der Geburt Jesu Christi erzählen, ausdrücken und verkünden.

Sie lehnten sich an das Matthäus- und Lukas-Evangelium, aber auch an unwahre Erzählungen an, die sich in der lokalen Tradition verbreiteten sowie an die eigene Phantasie. Natürlich holten sie viele Anregungen und Inspirationen von anderen Krippen. So wurden einige besonders gut gelungene als Modell genommen, die man in verschiedensten Variationen nachahmte. Eine dieser Figuren, die berühmte "Tita Oca", ein alter, gebeugter Hirte mit einem Lamm unter dem Arm und dem Hut in der Hand, findet man in der Krippe der Pfarrkirche. Sie wurde vom Künstler Pietro Delmarco "Stefenin" (Spitzname, weil er eine sehr starke ähnlichkeit mit einem gleichnamigen alten Mann des Dorfes hatte) gefertigt und mehrmals reproduziert.

Dank des ständigen Austausches von Ideen und Erfahrungen haben die Krippen von Tesero in ihrer Vielfältigkeit ihren eigenen unverkennbaren Stil heimischer Volkskunst erhalten, der sie von den Krippenbauern anderer Gebiete und Orte unterscheidet.

Jedoch der wichtigste kulturelle Aspekt dieser Tradition ist die Tatsache, dass die vielen unterschiedlichen Figuren meist nicht das Werk von den damals wenigen fachkundigen Schnitzern und Werkstätten sind, sondern von Personen, die im täglichen Leben einen anderen Beruf hatten. Sie übten diese Tätigkeit nur im Bereich des Krippenbaus und für dessen Zweck aus.

 

Den Verein
Die Krippe in Lebensgröße
Krippen von Tesero
Ausstellung

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